Beinahe viertausend Jahre alt sind die Ursprünge des Epos, und doch sind viele Elemente der Erzählung vertraut und können uns heute noch bewegen. Das mag daran liegen, dass das Gilgamesch-Epos viele andere Erzählungen, die heute zum Bildungskanon gehören, beeinflusst hat: Es ist die prototypische Heldenreise, an der sich die Odyssee orientiert, aber auch Noahs Arche und andere biblische Erzählungen scheinen vom Gilgamesch-Stoff durchzogen. Vielleicht wurde das Epos aber auch deshalb über die Jahrhunderte weitergereicht, weil es Themen behandelt, die für Menschen seit jeher relevant sind, und es wohl immer bleiben: Gerechte Herrscher und grausame Despoten, Natur und Zivilisation, Krieg und Frieden, Liebe, Abenteuer, Rache, Trauer, die Suche nach den verlorenen Liebsten, und nach der Unsterblichkeit.
Seit das Epos im 19. Jahrhundert auf Tontafeln wiederentdeckt wurde, ist es Gegenstand von Faszination und Forschung. Vor einigen Jahren wurden neue Tafeln entdeckt, weshalb der Heidelberger Assyriologe Prof. Stefan Maul eine neue, wortgewaltige und gut verständliche deutsche Übersetzung entwickelt hat. Diese ist die Textgrundlage für die neue Vertonung.
Aus dem buchfüllenden Epos werden einige leuchtende Szenen und Bilder herausgegriffen und mit sechsstimmigen Chorklang ausgefüllt. Markante Rhythmen werden im Chor wie ein Spielball zwischen den Stimmen hin und her geworfen und verstärkt. Das gemeinsame Metrum lässt sich durch Body Percussion gemeinsam erfühlen anstatt dirigiert zu werden. In jeder Chorstimme gibt es einen Sologesang, der mal eine Figur aus dem Epos zu Wort kommen lässt, oder mit den anderen Solostimmen einen spontanen kleinen Chor bildet. Harmonisch bleibt das Stück im Tonalen, reizt es aber aus, ergänzt um zeitgenössische Klänge. Eine eindeutige stilistische Einordnung ist wohl nicht möglich: Mal klingt es nach Filmmusik, mal nach A-Capella-Metal, hier scheint man Franz Schubert oder Eric Whitacre zu hören, dort Alberto Grau oder Arvo Pärt. Und oft entstehen ganz neue Klänge, die so noch nie da waren.
Manuel Bärenz ist am 2. Juni 1988 in einer musikalischen Familie geboren, und komponiert und musiziert am Klavier seit er sich erinnern kann. Nach Klavierstücken, Kompositionen für Big-Band und Chor, A-Capella-Stücken, und kammermusikalischen Kompositionen, entsteht mit Gilgamesch sein erstes abendfüllendes Chorwerk. Manuel Bärenz ist seit Jahren begeisterter Chorsänger, der nach seinem Umzug nach Bamberg Anfang 2022 im Musica-Viva-Chor endlich das Ensemble gefunden hat, nach dem er gesucht hatte: Ein Chor, der neue Musik abseits des Standard-Repertoires meistert.
Der musica-viva-chor Bamberg singt seit über drei Jahrzehnten anspruchsvolle moderne Musik, oft sogar von zeitgenössischen Musikschaffenden. Er wurde 1988 von Fritz Braun gegründet und von Ingrid Kasper von 2002 bis 2023 geleitet. Aktueller Leiter seit 2024 ist Michael Goos.
Wir proben regelmäßig Donnerstags um 19:30 im Gemeindehaus St. Stephan, und freuen uns, wenn du mitsingen möchtest! Weitere Infos findest du auf unserer Website: https://www.musica-viva-chor-bamberg.de/